Schon bei einem Vergleich geernteter Flachsstengel lassen sich auffällige Farb unterschiede erkennen. Die Stengelfarbe reicht von Grün über Grüngelb, Gelb, Braun bis Schwärzlichbraun. Sie ist u. a. abhängig von
Wachstumsbedingungen, Reifegrad, Erntewetter und gegebenenfalls auch von Krankheiten. Ebenso unterschiedliche Färbungen weisen die Rohflächse auf. Da die Faser zellulose selbst reinweiß ist, wird diese Farbigkeit fraglos
durch andersartige Substanzen verursacht, die entweder der Faser anhaften oder in ihr enthalten sind. Der Gehalt an reiner Zellulose in gerösteten Flächsen bewegt sich nach E. ScHILLING zwischen 65 und 89% bei einem
Feuchtigkeitsgehalt von 8 bis 12%. Selbst wenn die im Hechel-, Kardier- und Spinnprozeß erfolgende Reinigung berücksichtigt wird, können in ungünstigen Fällen etwa 20-25% des Gewichtes auf meist farbige Substanzen fallen, die
in der Bleiche weitgehend entfernt werden sollen. Meistens wird ihr Anteil am Rohfasergewicht allerdings tiefer liegen und 10-15% nicht überschreiten. Eine Vorstellung von der Art dieser Faserbegleitsubstanzen läßt sich beim
Be trachten des Stengelquerschnittes erhalten, wobei allerdings die sich bei der Gewinnung, Aufbereitung und Verarbeitung der Faser abspielenden Verände rungen zu berücksichtigen sind. Der Flachsstengel wird nach außen durch
ein dünnes Kutinhäutchen, die Kutikula, abgeschlossen. Die Kutikula besitzt eine Wachsauflage, ist für Wasser und Gase schwer durchlässig und verhindert in wirksamer Weise schädliche Wasserverluste der Pflanze durch
Verdunstung. Die Wachsauflage der Kutikula ist im wesent lichen für den Wachsgehalt der Rohfaser (1-2%) verantwortlich.